

Der Einfluss des demographischen Wandels und weiterer Faktoren auf die Unternehmensnachfolge
In den kommenden zehn Jahren werden Tausende von Unternehmen keinen Nachfolger finden. Zwar spielt die demographische Lücke zwischen abgebender und übernehmender Generation für nicht gelingende Nachfolge heute eine wichtige Rolle, doch die demographische Lücke wird sich in den kommenden Jahren weitgehend wieder schließen. Die vielfach besprochene Nachfolgeproblematik ist aber nicht allein dem demographischen Wandel geschuldet. Weitere Einflussfaktoren wie die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells, die Unternehmensgröße und die individuelle Nachfolgefähigkeit sind mindestens ebenso entscheidend.
1. Nie war die demographische Lücke größer, aber sie ist nur temporär
Aktuell kommen auf zehn Unternehmer der Generation 1965 nur rund sieben potenzielle Nachfolger der Generation 1990. Dieses ungünstige Verhältnis von 0,7 ist ein wesentlicher Grund, warum viele Unternehmen heute keinen geeigneten Nachfolger finden. Besonders betroffen sind Kleinst- und Kleinunternehmen, bei denen eine geregelte Nachfolge auch aus anderen Gründen oft schwierig ist.
Im Rahmen unserer Recherchen haben wir eine Analyse durchgeführt, in der wir Geburtenjahrgänge, Generationenwechsel und deren langfristige Auswirkungen auf die Nachfolgelandschaft untersucht haben. Die Ergebnisse liefern interessante und teils überraschende Erkenntnisse für das Verständnis der aktuellen Marktdynamik. Dabei haben wir folgende Annahmen zugrunde gelegt: Die unternehmerische Verantwortung wird im Durchschnitt rund 25 Jahre ausgeübt. Die Unternehmensnachfolge erfolgt typischerweise um das 60. Lebensjahr, während potenzielle Nachfolger im Schnitt 25 Jahre jünger sind.
Während in der Dekade zwischen 1960und 1970 noch insgesamt rund 13 Millionen Kinder geboren wurden, waren es in den Jahren 1985 bis 1994 – also 25 Jahre später – nur noch 8,5 Millionen. Das entspricht einem durchschnittlichen Verhältnis von 0,6.
Von 1970 bis 1980 wurden nur noch 8,5 Millionen Kinder geboren, in der Nachfolgerkohorte 25 Jahre später (1995 bis 2004) waren es 7,6 Millionen. Das Verhältnis verbessert sich hier auf durchschnittlich 0,9.
Für die Sechzigjährigen des Jahres 2035 (Jahrgang 1975), die voraussichtlich in zehn Jahren ihren Unternehmensausstieg angehen werden, steht dann eine ähnlich große Kohorte der 35-Jährigen (Jahrgang 2000) als potenzielle Nachfolgerbereit. Ein Nachfolger kommt dann rechnerisch auf einen übergabewilligen Unternehmer.
Anschließend wird sich das Verhältnis jedoch wieder leicht verschlechtern.
Was bedeutet die noch in den kommenden Jahren bestehende demographische Lücke konkret für für die Unternehmen ?
2. Besonders betroffen: Kleinst- und Kleinunternehmen
In Deutschland gibt es rund 3,1 Millionen Unternehmen mit Gewerbeanmeldung. Rund 85% davon erzielen weniger als 1 Million Euro Umsatz, etwa 98% aller Unternehmen bleiben unter 10 Millionen Euro Umsatz.
Kleinst- und Kleinunternehmen sind von der Nachfolgeproblematik besonders betroffen. Viele dieser Betriebe sichern heute den Inhabern kaum ein auskömmliches Einkommen – vielfach liegt der Unternehmerlohn unter dem, was in einer qualifizierten Festanstellung verdient werden könnte. Hinzu kommen eine hohe Personenabhängigkeit wenig skalierbare Geschäftsmodelle und geringe Differenzierung. Daher erwarten wir, dass viele solche Unternehmen nicht weitergeführt werden können und vom Markt verschwinden werden
Auch bei kleinen, aber grundsätzlich profitablen Unternehmen – etwa im Handwerk – sind Nachfolgen häufig schwierig zu organisieren. Zwar sind diese Betriebe wirtschaftlich gesund, doch es mangelt an geeigneten, motivierten Übernehmern. Die Kombination aus den Anforderungen an die fachliche Kompetenz und unternehmerischer Verantwortung schreckt viele potenzielle Nachfolger ab.
3. Gelingende Unternehmensnachfolge braucht nicht nur Menge, sondern den richtigen „Spirit“
Unternehmensnachfolge ist aus unserer Sicht mehr als ein rein demographisches Problem. Erfolgreiche Nachfolge setzt voraus, dass künftige Unternehmer bereit sind, Verantwortung zu übernehmen, Risiken einzugehen und die Zukunft aktiv zu gestalten. Studien zeigen, dass Nachfolger nicht nur das Unternehmen führen, sondern auch die „Identität im Unternehmen“ verstehen und weiterentwickeln müssen. Das erfordert weit mehr als Fachwissen. Es verlangt Unternehmergeist, Mut und eine klare Vorstellung davon, wie man Tradition und Innovation miteinander verbindet.
Gerade in Familienunternehmen ist die Nachfolge eng mit emotionalen, kulturellen und normativen Fragen verknüpft. Es geht nicht nur darum, Betriebe zu übernehmen, sondern auch darum, sie weiterzuentwickeln und auf neue Herausforderungen auszurichten. Die Bereitschaft, sich als Unternehmerin oder Unternehmer zu verstehen, entsteht nicht automatisch, sondern muss durch Gestaltungsräume, Vertrauen und eine offene Fehlerkultur gefördert werden.
Nachfolge ist immer auch eine Frage von Haltung und Kultur. Wer Unternehmertum als Gestaltungsaufgabe versteht und von seinem Umfeld in dieser Rolle unterstützt wird, kann Verantwortung übernehmen und das Unternehmen aktiv weiterentwickeln. Sie gelingt, wenn der Unternehmergeist der nächsten Generation gefördert wird, wenn Vertrauen entsteht, wenn Gestaltungsfreiräume geschaffen werden und wenn die abgebende Generation bereit ist, Veränderung zuzulassen.
4. Größere Unternehmen: Nachfolge wird oft zu spät angegangen
Bei mittleren und größeren Unternehmen (ab ca. 10 Mio. Euro Umsatz) stellt sich die Situation auf den ersten Blick besser dar. Diese Betriebe verfügen über bessere Strukturen, sind weniger abhängig von einzelnen Personen, haben gewisse Managementkapazitäten und besitzen meist auch die richtigen Strategien und Ansätze der Nachfolgeplanung. Sie sind zudem attraktiver für Investoren wie Strategen oder Finanzinvestoren.
Doch auch hier wird das Thema Nachfolgehäufig verdrängt oder erst dann ernsthaft angegangen, wenn der Handlungsdruck bereits deutlich spürbar wird.
Fazit
Die demographische Lücke ist für sich genommen ein zwar gravierendes, aber vorübergehendes, Problem. Die zentrale Herausforderung bleibt jedoch: mehr Menschen für die Rolle als Unternehmer zu qualifizieren und dafür zu begeistern.
Autoren: Markus Loy & Niclas Tetzel

Ansprechpartner
Markus Loy
Geschäftsführer
T: +49 211 20 49 6000M: +49 151 40010026E: loy@loy-cf.deLoy&Co Corporate Finance GmbH
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